Zürich

III/P/67

Schweiz, Zürich
Tonhalle, Grosser Saal

© Bilder Orgelbau Kuhn AG, Männedorf/Schweiz

Orgelbau Kuhn AG, 2021

Neue Orgel

Windladen
Schleifladen
Traktur
elektrisch
Registratur
elektrisch
Einweihung
23.-25.09.2021
Experte
Christian Schmitt, Martin Haselböck, Peter Solomon
Gehäuseentwurf
Christoph Jedele, Dieter Righetti
Intonation
Gunter Böhme (Leitung), Thierry Pécaut, Stephan Wioland

Neue Konzertsaal-Orgel für die Tonhalle Zürich

Es ist für uns eine besondere Ehre, dass wir für die geschichtsträchtige Zürcher Tonhalle eine neue Konzertsaal-Orgel bauen durften. Mit diesem Projekt wird die Partnerschaft mit der Tonhalle Zürich weitergeführt, die seit 1872 besteht: Damals durfte der Firmengründer Johann Nepomuk Kuhn eines seiner ersten grösseren Instrumente für die Tonhalle im alten Kornhaus am Bellevue bauen.

Unser Auftraggeber wünschte sich ein Instrument, das für begleitendes und solistisches Spiel mit dem Tonhalle-Orchester, mit Gastorchestern, Solisten und Chören geeignet ist. Beim solistischen Spiel soll das klassische Orgelrepertoire adäquat dargestellt werden können. Die Orgel soll sich zudem zur Wiedergabe des zeitgenössischen Repertoires eignen und eine künstlerisch eigenständige Sprache sprechen.

Disposition und Anlage

Auf der Grundlage eines Entwurfs von Christian Schmitt (Stuttgart) mit 74 bis 80 Registern wurde die vorliegende Disposition in enger Zusammenarbeit zwischen den Orgelsachverständigen Christian Schmitt, Martin Haselböck (Wien), Peter Solomon (Zürich) und Orgelbau Kuhn entwickelt. Dem Hauptwerk stehen ein deutsch-romantisches Orchesterwerk und ein französisch inspiriertes Récit gegenüber. Diese beiden Schwellwerke sind an bester Lage direkt über dem Orchester platziert. Das Hauptwerk liegt eine Etage höher, dahinter das schwellbare Solowerk mit seinen Hochdruckregistern. Das Grosspedal steht hinter dem Orgelgehäuse in der unteren Etage, das Kleinpedal auf der Höhe des Hauptwerks. Das Pedalwerk umfasst zwölf Register und wird mit weiteren sieben Registern aus dem schwellbaren Orchesterwerk komplettiert.

Die Disposition weist einen sehr differenzierten Fundus an Grundstimmen auf. Darunter findet sich mit einer Wienerflöte 8' auch eine Hommage an die erste Tonhalle-Orgel Johann Nepomuk Kuhns. Hervorzuheben ist auch das Register Flauto turicensis 8', eine Eigenentwicklung von Orgelbau Kuhn mit einem 360° umlaufenden Labium. Dieses Register mit seinem einzigartigen Klang haben wir erstmals für die Schweiz gebaut. Die Zungenregister sind in deutscher, französischer und englischer Bauart realisiert. Aeoline 16', Physharmonica 8' und Clarinette 8' sind durchschlagende Zungenregister. Effektregister ergänzen die Disposition: Einen Glockenspiel-Effekt vermitteln die «Crotales»-Klangscheiben, mit denen auch eine selbsttätig ablaufende Tonfolge definiert werden kann, sozusagen ein frei programmierbarer Zimbelstern. Eine Neuheit ist auch die «Nasenflöte», deren Pfeifenlabien kaum wahrnehmbar in der Prospektfront untergebracht sind.

Insgesamt weist das Instrument 67 klingende Register, vier Verlängerungen, sieben Transmissionen und zwei Effektregister auf und liegt damit im Grössenbereich der Vorgängerorgeln. Die Download-Disposition enthält weitere Details.

Spieltisch

Nach eingehender Diskussion hat sich das Expertengremium für einen dreimanualigen Spieltisch ausgesprochen. Er ist kompakter als ein viermanualiger und gewährleistet im Orchesterbetrieb die Sicht zum Dirigenten besser. Das vierte Manualwerk, das Solo, ist als sogenannte «floating division» auf allen Klaviaturen verfügbar.

Grosse Konzertsaal-Orgeln sind zusätzlich zum mobilen Spieltisch auf dem Podium oft mit einem zweiten, angebauten Spieltisch ausgestattet. Die Erfahrung zeigt deutlich, dass in der Praxis fast ausnahmslos der mobile Spieltisch zum Einsatz kommt. Auf einen mechanischen Spieltisch wurde deshalb verzichtet.

Prospektgestaltung

Der Prospektentwurf orientiert sich am Restaurierungsziel des Tonhalle-Saals, der aufwändig an den polychromen Zustand von 1895 angenähert wurde. Entsprechend ist das Gehäuse historisierend gestaltet. Der Verzicht auf die mechanische Traktur macht die Rückversetzung des Prospekts erst möglich, und die damit eingesparte Bauhöhe erweitert den Einblick in die Orgelnische. Das Instrument steht jetzt statisch ausschliesslich in der Nische und ragt nur leicht über diese hinaus.



04.07.2021