Orgelbau Th. Kuhn AG, 1990

Neue Orgel

Windladen
Kegelladen
Traktur
mechanisch
Registratur
elektrisch
Einweihung
02.03.1990
Gehäuseentwurf
Georg Weismann
Intonation
Kurt Baumann

Disposition


www.orgelbau.ch/op=113310

Schaffhausen

III/P/66

Schweiz, Schaffhausen
Ref. Kirche St. Johann

© Bilder Orgelbau Kuhn AG, Männedorf

Orgelbau Th. Kuhn AG, 1990

Neue Orgel

Windladen
Kegelladen
Traktur
mechanisch
Registratur
elektrisch
Einweihung
02.03.1990
Gehäuseentwurf
Georg Weismann
Intonation
Kurt Baumann

Das Ei des Kolumbus

Die erste Orgel der reformierten Stadtkirche St. Johann aus dem 15. Jahrhundert hing als Schwallbennestorgel an der nördlichen Hochwand des Mittelschiffs. Im Jahre 1529 wurde sie im Zuge der Reformation als «unerquickliche Babstsleier und Lockvogel zum antichristlichen römischen Gottesdienst» abgebrochen. Als 1597 nach Ansicht des Stadtrates die Orgel wieder eingeführt werden sollte, reagierte die Geistlichkeit heftig und erwirkte einen nachhaltigen Verzicht auf derartige Versuche. So dauerte es bis ins Jahr 1879, bis Johann Nepomuk Kuhn endlich eine neue Orgel, diesmal auf der Westempore, errichten durfte. Es war eine mechanische Kegelladenorgel (gemäss Vertrag III/P/52). Das prächtige neugotische Gehäuse entstand nach Plänen der damals bekannten Architekten und Altarbauer Franz und August Müller in Wil SG. Im Jahre 1929 erfolgte ein teilweise recht einschneidender Umbau durch die Erbauerfirma Kuhn, wobei am Rande auch Albert Schweitzer als teilweise unwillkommener Ratgeber mitwirkte.

Im Zuge einer Gesamtrestaurierung der Kirche stellte sich wiederum die Aufgabe, das Orgelproblem erneut zu lösen. Anfänglich (1979) sprach man über eine völlig neue Orgel nach den Vorstellungen des Pariser Organisten Gaston Litaize. Doch je länger die Zeit andauerte, umso eindringlicher wurde der Ruf nach einer möglichst integralen Erhaltung der vorhandenen Orgel. In der Zwischenzeit war nämlich auch die Neugotik zu einem Lieblingskind der Denkmalpflege geworden. Unterdessen schritten auch die baulichen Massnahmen im Kirchenraum unabhängig von der Orgelfrage stetig voran. Das Nutzungskonzept von 1983 sah vor, die Kirche mit alternativ umgekehrter Blickrichtung des Publikums auch als Konzertsaal zu brauchen. Um hierfür ideale Voraussetzungen zu schaffen, wurde die Westempore zurückversetzt, und davor wurden hydraulische Hebebühnen für eine Orchesterstufung eingerichtet.

Erst jetzt kam der Orgelbauer zum Zuge. Er sollte, vereinfacht ausgedrückt, zwei sich gegenseitig ausschliessenden Forderungen gerecht werden: die bestehende Orgel als denkmalwürdiges Instrument möglicht intergral zu erhalten, aber gleichzeitig die Gehäusefront um mindestens 2.5 m zurückzuschieben. Die Lösung des Problems bestand darin, dass das I. und II. Manual originalgetreu restauriert wurden, das ursprünglich zuhinterst liegende III. Manual (Schwellwerk) jedoch eine Etage tiefer ins Untergehäuse gestellt wurde. Auch das seitlich platzierte Pedalwerk musste neu zweistöckig angelegt werden. Bei der Präsentation dieses Vorschlages im Herbst 1985 konnte der Stadtrat erleichtert aufatmen, und er bezeichnete diese Lösung spontan und öffentlich als «das Ei des Kolumbus». Wir bezeichneten das Projekt etwas nüchterner als «Orgelumbau in restaurativem Sinne». Die Orgelfront konnte so um 288 cm zurückgeschoben werden. Das Instrument erhielt wieder einheitlich mechanische Kegelladen, für die drei Manuale mit modernen Barkermaschinen ausgestattet. Von den heute 66 Registern sind 51 ganz oder teilweise alt, 4 Register wurden rekonstruiert und 11 Register, mehrheitlich im Schwellwerk, wurden neu hinzugefügt.

Friedrich Jakob, 2006