Heidelberg

III/P/54

Deutschland, Baden-Württemberg
Jesuitenkirche

© Bilder Orgelbau Kuhn AG, Männedorf

Orgelbau Kuhn AG, 2009

Neue Orgel

Windladen
Schleifladen
Traktur
mechanisch
Registratur
mechanisch + elektrisch
Einweihung
30./31.05.2009
Intonation
Rudolf Aebischer, Gunter Böhme

Grenzen überschreiten - Stile verbinden

Die Jesuitenkirche in Heidelberg lässt Orgelbauerherzen höher schlagen. Ein herrlich restaurierter Raum mit einer grossen, freien Empore, einer kathedralhaften Akustik und viel Platz für ein neues Instrument. Trotz bester Bedingungen war es aber kein Leichtes, die Erwartungen zu erfüllen. Erst der Besuch eines Referenzwerks, der Orgel im Dom zu Osnabrück, brachte den Durchbruch.

Kennern fällt sogleich auf, wie «barock» sich das Klangkonzept für ein Werk aus dem Hause Kuhn gebärdet. Im Gegensatz zu vergleichbaren Instrumenten haben wir an der Stelle des schwellbaren Positivs das II. Manual als Oberwerk gebaut. Dieses ist für den Dialog mit dem 16-füssigen Hauptwerk konzipiert. Mit seinen Terzregistern und Mixturen in zweifacher Ausführung, den Zungenregistern im deutschen Stil und - vor allem - einer adäquaten Mensuration steht das Haupt- dem Oberwerk in nichts nach. Derweil sind auch romantische Elemente berücksichtigt: Flauto amabile, Unda maris, Clarinette - eine Grenzüberschreitung, so offensichtlich wie elegant.

Die Stilverbindung findet dort statt, wo die Grundstimmen der Manuale I und II mit dem grossen Schwellwerk eine orchestrale Einheit bilden. Die dynamische Bandbreite des III. Manuals findet in den anderen Manualen ihre Entsprechung an Intensität und Klangfarbe. Dazu gehören auch die im Schwellwerk beheimateten drei Transmissionsregister des Pedalwerks. Sie steigern die Klangvariabilität zusätzlich.

Bei der Gestaltung war bewusst kein traditionelles Design gefragt, sondern ein architektonisches Novum. Die Dominanz des Prospektes wird durch ein vorgehängtes Edelstahlgewebe gemildert - und dies alles über einem konkaven Grundriss. Einer Schale gleich verbindet dieser nun die Ost- und Westseite des Gebäudes, mit dem Effekt, dass die Nordwand nicht als Begrenzung wirkt, sondern Instrument und Raum harmonisch ineinander überfliessen: Eine Verbindung von Klang und Architektur, die sich nicht nur sehen, sondern auch hören lässt.