Mit Freude und auch etwas Stolz können wir auf eine lange, erfolgreiche Firmentradition zurückblicken. Unsere Orgelbauwerkstätte nahm ihren Anfang im Jahre 1864, als Johann Nepomuk Kuhn sich als selbstständiger Orgelbaumeister in Männedorf niederliess. Aus Süddeutschland stammend hatte er seine Ausbildung bei Weigle in Stuttgart absolviert. 1863 kam er dann als Angestellter von Eberhard Friedrich Walcker an den Zürichsee, um für die Kirche in Männedorf eine neue Orgel aufzubauen. Die Gegend gefiel ihm so gut, dass er beschloss zu bleiben und eine eigene Firma zu gründen.
Bereits binnen weniger Jahre hatte er sich einen Namen geschaffen und erhielt bedeutende Aufträge wie beispielsweise den Bau der Konzertsaalorgel für die Tonhalle Zürich (1872). Weitere Höhepunkte waren die prestigeträchtigen Aufträge für den Bau der Orgeln in der Kathedrale St. Gallen (1875) und im Grossmünster Zürich (1876).
Klanglich und technisch war Johann Nepomuk Kuhn ganz seiner Zeit und seiner süddeutschen Herkunft verpflichtet: Er baute ausschliesslich mechanische Kegelladenorgeln. Bei grösseren Instrumenten wurde zur Erleichterung der Spielart der Barkerhebel – damals allgemein «Pneumatique» genannt – eingebaut. Der herrschenden Mode entsprechend entwarf auch Nepomuk die Orgelgehäuse meist in neugotischer Art. Daneben berücksichtigte er aber auch andere historisierende Neo-Stile.
Nach dem Tode Nepomuks übernahm sein einziger Sohn, Carl Theodor, im Jahre 1888 die Leitung der Firma. Er hatte seine musikalische Ausbildung an der Musikschule Zürich absolviert und das orgelbauliche Handwerk in den elterlichen Werkstätten erlernt. Zur Weiterbildung begab er sich auf die Wanderschaft, auf der er Deutschland, Frankreich und Nordamerika bereiste. Schon früh also hatte das internationale Element bei Kuhn einen hohen Stellenwert. Theodor war vor allem vom Schaffen Cavaillé-Colls sehr angetan, was später zur Eröffnung von Filialen in Frankreich führte: Bellegarde und Nancy, dann Lyon. Dank der Verbindung von handwerklichem Können und kaufmännischem Weitblick erlebte das Haus Kuhn eine blühende Entwicklung.
Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert lebte der Orgelbau in einem wahren Fortschrittstaumel. Die Industrialisierung hatte triumphierend Einzug gehalten. Rauchende Fabrikschlote waren Statussymbole, auf die man stolz war und die sogar Briefköpfe zierten. Theodor Kuhn trieb vor allem den technischen Wandel zur Pneumatik voran, wozu er – wie seinerzeit üblich – eigene Patente entwickelte.
Der Erste Weltkrieg brachte geschäftlich grosse Zäsuren mit sich und Theodor Kuhn musste seine Filialen im Ausland schliessen. Zur Sicherung des Weiterbestehens der Firma gründete er im letzten Lebensjahr die heutige Aktiengesellschaft. Auch im sozialen Bereich zeigte er Verantwortung. Schon an der ersten Generalversammlung wurde der «Unterstützungsfonds für Arbeiter und Angestellte der Orgelbau Th. Kuhn AG» eingerichtet. Das Modell dieser Fürsorgestiftung bildet noch heute die Grundlage für die weit überdurchschnittliche Personalvorsorge der Firma. Die sozial engagierte Ader Theodors äusserte sich auch in seiner Stiftung für die Ausbildung minderbemittelter Lehrlinge, welche noch immer existiert und von der Politischen Gemeinde Männedorf verwaltet wird.
Die junge Orgelbau Th. Kuhn AG hatte nicht nur die Krisenzeit der Dreissigerjahre zu verkraften, sondern auch einen erneuten Wandel von Technik und Klang, insbesondere die Forderungen der Orgelbewegung, jener Renaissance der barocken Orgelkunst des 17. und 18. Jahrhunderts. Einen Höhepunkt in dieser Hinsicht schuf die Firma Kuhn in der Schweiz mit dem Neubau der Berner Münster-Orgel im Jahre 1930. Erstmals wurden hier die pneumatischen Registerkanzellenladen aufgegeben. Das Pfeifenwerk stand auf altbewährten Schleifenladen.
Kuhn hat das romantische Element nie aufgegeben, sondern auch dann weiter gepflegt, als fast nur noch die neobarocke Orgel gefragt war. Die Orientierung hin bzw. zurück zum symphonisch-romantischen Konzept in den 1980er-Jahren bestätigte unsere Überzeugung, dass es richtig war, nicht vom Schwellwerk und dem romantischen Klangaufbau abzulassen. Da sich das neue Orgelideal uns zugewandt hatte, waren wir für diese Entwicklung bestens gerüstet.
Seit Ende der 1970er-Jahre hat sich unser Haus verstärkt auf die wissenschaftlich abgestützte Restaurierung wertvoller Orgeln aus allen Epochen spezialisiert und sich damit international einen Namen geschaffen. In unserer jüngsten Vergangenheit setzten wir zudem vermehrt Akzente im Bereich Innovation mit dem Ziel, die traditionelle Orgelbaukunst weiter zu verfeinern und zu perfektionieren.
Dass wir unsere Tradition hochhalten, hat nichts mit Nostalgie zu tun. Dafür ist die Gegenwart viel zu spannend und zu lebendig. Der Werdegang unserer Firma ist aber von Werten geprägt, die uns viel bedeuten und die wir weiter pflegen. Tradition und Innovation gehen Hand in Hand. In diesem Sinn möchten wir noch lange Geschichte schreiben.