Orgelbau Kuhn AG, 2002
Restaurierung
www.orgelbau.ch/op=801200
II/P/20
Österreich, Steiermark
Kath. Kirche
Ein historisches Dokument früher Musizierpraxis
Die Aufgabenstellung im österreichischen St. Veit am Vogau hat uns wie kaum eine andere Orgelrestaurierung herausgefordert. Einerseits machte das Instrument aus dem 17. Jahrhundert optisch und akustisch einen jämmerlichen Eindruck. Andererseits trafen wir hier auf eine erstaunliche Menge an historischer Substanz - Pfeifenwerk, Windladen und Trakturen waren weitestgehend original erhalten. Zudem borg das Instrument einen besonderen Schatz: der Erbauer, wahrscheinlich Christoph Egedacher, hat die originalen 16 ' - Pfeifen der Vorgängerorgel aus dem 16. Jahrhundert wieder verwendet.
Die erste Untersuchung dieses Pfeifenwerks war allerdings erschreckend: einige der Pfeifen standen umgeknickt und beschädigt da, andere wiederum waren von dilettantischen Reparatureingriffen gezeichnet, oder die Bauformen besassen unterschiedliche Merkmale und waren innerhalb der Register vermischt.
Mit viel Akribie, Einsatzfreude und grossem Zeitaufwand gaben wir dem Instrument seine innere Ordnung zurück. Der wunderbare Klang dieser Orgel konnte wieder gewonnen werden - ohne funktionstüchtige historische Substanz opfern zu müssen. Lediglich den Spieltisch haben wir im Sinne des Erbauers rekonstruiert und wieder in die Orgel eingebaut, nachdem das Original im 19. Jahrhundert durch eine freistehende Variante ersetzt worden war.
Die Orgel in St. Veit am Vogau ist aber nicht nur als Kulturgut von grosser Bedeutung, das Instrument ist auch ein spannendes Studienobjekt: Die stillgelegte Transponiervorrichtung für das Register Prinzipal 8 ' im Hauptwerk und die praktisch identische Disposition der einzelnen Werke können wichtige Hinweise auf die Musizierpraxis des 18. Jahrhunderts im Kloster Mariazell (A) geben, woher die Orgel stammt.