Orgelbau Kuhn AG, 2003
Restaurierung
www.orgelbau.ch/op=801250
II/P/17
Österreich, Steiermark
Kath. Kirche St. Vinzenz Eggenberg
Ein Kleinod wieder im vollen Glanz
Die Pfarrkirche St. Vinzenz in Graz erzählt vom schnellen Wachstum der Industriestädte im 19. Jahrhundert. In den wachsenden Arbeitervororten mussten neue Kirchen und damit verbunden auch neue Orgeln gebaut werden. Diese Instrumente waren praktisch ausschliesslich auf den gottesdienstlichen Gebrauch ausgerichtet, oft nur mit einem Manual und wenigen Registern ausgestattet. Doch Sparsamkeit hinderte den Grazer Orgelbauer Konrad Hopferwieser nicht daran, Instrumente von hoher Qualität zu bauen. Dabei verband er handwerkliche Tradition mit den Möglichkeiten industrieller Fertigung.
Die Steiermark verdankt dem regionalen Meister eine Reihe von Orgeln, darunter die im Jahr 1900 gefertigte «Vorstadtorgel» in Graz, St. Vinzenz. Das zweimanualige, klanglich der Romantik verpflichtete Instrument verlor 1917 kriegsbedingt seine Prospektpfeifen, die durch Zinkpfeifen ersetzt wurden. 1975 wurde das Klangbild der Orgel «neo-barockisiert», wobei man originale Hopferwieser-Register entfernte. Dank der hohen Qualität der handwerklichen Arbeit und des verwendeten Materials konnte die Orgel ihre Aufgabe über hundert Jahre erfüllen. In den letzten Jahren verstärkten sich allerdings Verschleisserscheinungen.
Die sorgfältige technische Instandsetzung aller Bauteile der Orgel und die Rückführung auf das romantische Klangideal bildeten somit die Hauptziele der Restaurierung. Die Prospektpfeifen, sowie die Holzpfeifen des Violonbass 16 ' mussten hierzu rekonstruiert werden. Für beides standen als Vorbild originale Hopferwieser-Pfeifen der 1894 erbauten Orgel von Heiligenkreuz am Waasen, Steiermark, zur Verfügung. Alle anderen im Jahre 1975 entfernten Pfeifen konnten wir durch Pfeifen aus der abgebrochenen Hopferwieser-Orgel von St. Peter zu Graz (1897) ersetzen, was natürlich einen Glücksfall darstellt. Aus diesem Pfeifenmaterial konnte die Disposition um zwei Register erweitert werden (2 2/3 ' und 2 ' im II. Manual).
Damit besitzt die Stadt Graz wieder ein typisches Kleininstrument romantischer Prägung. Dass die Grazer angesichts der Fülle ihres kulturellen Erbes und ihrer kulturellen Einrichtungen auch dafür eine hohe Wertschätzung aufbringen konnten, spricht für die Auszeichnung ihrer Stadt als «Kulturhauptstadt Europas 2003». Umso mehr freut es uns, dass wir zu diesem Projekt beitragen durften.